Mittwoch, 19.00 Uhr
Gemeindehaus Neustadt (Orla)
Chorwerke und werke für Chor und Orchester aller Stilepochen
(Insbesondere junge Sängerinnen und Sänger gesucht)
Vor über 100 Jahren, am 11. März 1911, kam ein neuer Kantor nach Neustadt (Orla): Kantor Albin John begann seinen Dienst mit einem Brief an die Damen der Stadt Neustadt (Orla):
Neustadt (Orla), den 12. November 1911
Sehr geehrte Damen!
Im Interesse eines guten Chorgesanges ist es wünschenswert, wenn in den Festmotetten des Kirchenchores neben den Knabenstimmen der Kurrende auch junge Damen mitwirken, um die den Knabenstimmen eigentümliche Schärfe und Härte durch ihren weicheren Klang zu mildern und dem Gesang einen volleren, schöneren Ton zu geben.
Im Einverständnis den den verehrl. Vorständen der Gesangsvereine "Harmonie" und "Singkränzchen" richte ich daher an Sie, meine sehr veehrten jungen Damen, die herzliche Bitte, im Kirchenchor mitzuwirken und dadurch an Ihrem Teile schöne, erhabene Werk eines guten Kirchengesangs förden zu helfen. Wahrscheinlich wird es im Laufe der zeit möglich sein, Ihnen eine kleine Entschädigung für Ihre Mühe zu bewirken.
Die nächste Probe findet Donnerstag, den 16. November d. J., abends p. 8 Uhr in der Klasse IIa der Bürgerschule (Hauptgebäude) statt.
Hochachtungsvoll Albin John, Kantor
Und so fanden sich im November 1911 20 Damen und 11 Herren ein, um das erste Mal als Kirchenchor zu singen. Die Anzahl vermehrte sich auch 42 Sopran-, 35 Alt, 16 Tenor- und 12 Bassstimmen. Chorprobe war nun regelmäßig in jeder Woche.
In 25 Proben studierte der Junge Chor das Oratorium "Die Schöpfung" von Joseph Haydn ein. Eine Festschrift zum 25-jährigen Bestehen erinnert sin an die "äußerst mühevolle Einstudierung...". Die Aufführung war ein "voller Erfolg". "Es fanden sich am 10. März 1912 fast 850 Zuhörer in der Stadtkirche ein, um diese einzigartige Tonschöpfung zu erleben".
Freiwilliger Kirchenchor Neustadt (Orla) mit Kantor Albin John beim Waldgottesdienst im Juni 1915
Neben der Aufführung des Oratoriums "Die Schöpfung" 1912 sei das "Requiem" von Johannes Brahms 1919 erwähnt, sowie das Kirchenkonzert "zum Besten der Hinterbliebenen" des 1. Weltkrieges. Georg Friedrich Händels "Messias" erklang 1920. Danach trat Kantor John aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt zurück.
Sein Nachfolger wurde Kantor Friedrich (Fritz) Wunderlich. In seinem ersten Konzert am 20. Dezember 1922 wurde das "Weihnachtsoratorium" von Heinrich Schütz gesungen. Eine neue Zeit begann für den Kirchenchor: Komponisten deren Werke in den Jahren vorher nie erklungen waren, Thüringer Meister wie Melchior Vulpius, Heinrich Schütz und Michael Prätorius, aber auch Johann Sebastian Bach wurden wieder zu Gehör gebracht.
Im November 1932 gab es mit der Aufführung des "Requiem in c-moll" von Jospeh Haydn ein besonderes Konzert, das Werk war bis zu dieser Zeit kaum aufgeführt worden. Kantor Wunderlichs erste Komposition überschrieb er "Meinem Kirchenchor als erste Gabe", es waren vier Morgenlieder, die seit 1930 am frühen Morgen des Sonntags "Kantate" um 6 Uhr auf dem Marktplatz gesungen wurde, danach vor dem Krankenhaus. 1932 gründete sich das "Collegium musicum", ein kleines Orchester. Es trat mit dem Chor zusammen das erste Mal am 2. Oktober 1932 - zum Erntedankfest - im Gottesdienst an die Öffentlichkeit, mit der von Kantor Wunderlich eigens dafür komponierten Kantate "Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut". Kantor Wunderlich leitete den Chor bis 1960. Unter seiner Leitung kam auch das Oratorium "Der Messias" zur Aufführung.
Kirchenchor Neustadt (Orla) auf der Orgelempore der Stadtkirche "St. Johannis" mit Kantor Fritz Wunderlich 1935
Eine Begegnung mit Kantor Fritz Wunderlich beschreibt sein Nachfolger Wolfgang Lindner:
"Der Kirchenchor hat Fritz Wunderlich während seiner langen Krankheit einige Male im Krankenhaus besucht. Am eindrücklichsten war wohl für alle dort die letzte Begegnung mit ihm, wo wir noch einmal an seinem Krankenbett standen und er für jeden ein gutes Wort hatte, obwohl er schon vom nahenden Tod gezeichnet war. So eindrücklich diese Begegnungen waren, dauerhaft begegne ich ihm immer wieder in dem, was er hinterlassen hat. In allen Noten ... stehen Bemerkungen über den musikalischen Aufbau der Kompositionen, den Schwierigkeitsgrad und dem Datum der öffentlichen Aufführungen.
Ich begegne da immer wieder dem Pädagogen, aber auch dem Christen Friedrich Wunderlich, der oft auf die Glaubensaussagen, die da mit Tönen gemacht werden, hinweist und damit Zeugnis von seinem Glauben ablegt."
1961 kam Kantor Wolfgang Lindner nach Neustadt und übernahm den Kirchenchor und integrierte den bisher von der Pfarrfrau geleiteten Singkreis in den Kirchenchor. Der Kinderchor wurde von ihm gegründet.
Seit 1963 war Kantor Lindner 37 Jahre Fachberater für Kirchenmusik und organisierte jährliche Chortreffen, an denen viele Chöre und mehrere Kinderchöre teilnahmen.
J. S. Bachs Motette "Jesu, meine Freude" und die von Bachs Schüler und Schwiegersohn J. C. Altnikol "Befiehl du deine Wege" kamen in dieser Zeit zur Aufführung sowie "Der 100. Psalm" von Heinrich Schütz.
An zeitgenössische Chormusik von Helmut Walcha, Friedrich Zipp und Johannes Weyrauch führte Wolfgang Lindner den Kirchenchor heran. Auch die "Thüringer Motetten" wurden in diesen Jahren einstudiert und in Konzerten und Gottesdiensten zu Gehör gebracht.
1983 war ein besonderes Jahr: Die erste der vier "Neustädter Passionen" eines unbekannten Komponisten des 16. Jahrhunderts wurde am Karfreitag gesungen. Diese hatte Kantor Lindner im Musikarchiv der Stadtkirche gefunden, die Noten abgeschriben und für den Chor erstellt. Die "Neustädter Passionen" wurden zu einem festen Punkt im Kirchenjahr der Neustädter. Der Chor war in der Lage diese Werke mit allen Solisten a capellla mit eigenen Sängerinnen und Sängern zu besetzten. Jedes Wort der vier Evangelisten wurde in der Passionsgeschichte gesungen und im Wechsel der Jahre aufgeführt.
Kirchenchor in der Hospitalkirche zur Aufführung der "Neustädter Passion" mit Kantor Wolfgang Lindner 2002
2002 wurde der Mitteldeutsche Rundfunk auf die "Neustädter Passionen" aufmerksam und filmte die Aufführung für die Sendung "Unterwegs in Thüringen"
1993 gelang die Rekonstruktion der historischen Fincke - Orgel in der Stadtkirche. Viele Spenden und ehrenamtliches Engagement ermöglichten den Orgelbau. Mitglieder des Chores haben sich daran beteiligt von der Verpflegung bis zum Quartier für die Orgelbauer, allen voran Kantor Wolfgang Lindner, der das Projekt plante, voranbrachte und durchführte. Dieses kostbare Instrument erklingt in unzähligen Gottesdiensten und vielen Konzerten zusammen mit der Chormusik. Unter Kantor Lindner hat der Kirchenchor in jedem Gottesdienst die Liturgie und das Wochenlied gesungen. Am 31. August 2002 endete die Dienstzeit von Kantor Lindner und
am 1. Januar 2003 folgte ihm Kantorin Anna Mertens (heute Fuchs - Mertens).
Kantorei Neustadt & Kantorei Eisenberg Chorsinfonisches Konzert 2013 mit Kantorin Anna Fuchs - Mertens
Seit Kantorin Mertens nennt sich der Kirchenchor Neustadt (Orla) nun Kantorei "St. Johannis" Neustadt (Orla) und führte in jedem Jahr ein großes Konzert mit einem Oratorium und eine Passionmusik auf. In Zusammenarbeit mit der Kantorei "St. Peter" Eisenberg unter Kantor Sven Werner (heute Kantor in Warnemünde) wurde u.a. zum 100-jährigen bestehen (2011) der Kantorei wieder "Die Schöpfung" von Joseph Haydn aufgeführt.
Ein besonderes Highlight war das Konzert "Nicht ohne meine Schwester - die Geschwister Fanny Hensel und Felix Mendelssohn - Bartholdy".
Von 2014 - 2017 war Kantorin Johanna Schulze (heute Kantorin in Zeitz), von 2019 - 2021 Kantor Paul Bars in Neustadt (Orla) tätig und seit September 2023 ist Kantor Ronny Vogel bei uns.
Unter seiner Leitung wurden die "Johannes - Passion" von J. S. Bach in der Stadtkirche "St. Marien" Triptis und das "Chorsinfonische Konzert 2024" in der Stadtkirche "St. Johannis" aufgeführt.
Kantorei Neustadt, Kammerchor & Collegium musicum "St. Michael" Jena mit Kantor Ronny Vogel
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